Jeder, der über die neue ISO 9001: 2015 schreibt, erwähnt lokale Ergänzungen, wie das risikobasierte Denken. Andere beschweren sich wegen einer sogenannten „Schwammigkeit“. Es wird hier und da daran gepickt. Aber sehen wir wirklich doch mal die Norm als Ganzes oder fällt es uns schwer das wichtigste zu erkennen: die neue flußorientierte Struktur?
Als sehr streng prozessorientierter QM-Berater, Prozessmanager und Unternehmer sehe ich etwas, was in meinen Augen sehr viel wichtiger ist, wofür wir den Autoren der Norm wirklich dankbar sein können. Bisher war die Norm nach Themenbereichen gegliedert, die mit dem Qualitätsmanagementsystem anstatt der Anforderungen des Marktes anfingen. Ich weiß nicht, wie es anderen erging. Mir fiel es nicht leicht eine klare Linie zu finden. Jetzt bietet die ISO 9001:2015 eine Linie die z.B. meinem Vorgehen (sicherlich nicht nur meinem) beim prozessorientierten Unternehmensaufbau näher kommt. Sie fängt mit den Anforderungen betreffend die Marktgegebenheiten an, adressiert die Unternehmensleitung, die entsprechende Entscheidungen treffen muss, dann die Vision und Strategie eines Unternehmens und geht weiter zu den Zielen. Damit wäre, wenn man so will, das strategische Framework aufgebaut. Danach folgen Elemente des Prozessmanagements mit den Instrumenten für das Management der Qualität und das eigentliche Unternehmen mit der nötigen Unterstützung und dann den Wertschöpfungsprozessen. Damit hätten wir ein Geschäftsprozessframework und ein Support-Framework. Hier könnte man vielleicht auch eine andere Reihenfolge rechtfertigen: Prozesse und dann erst die notwendige Unterstützung (zum Beispiel durch die IT als IT Framework). Gedanklich müssten wir zuerst erfassen, welche Prozesse wir haben, bevor wir erkennen können welche Ressourcen wir benötigen. Die Normkapitel sind nach einer etwas logischeren kausalen Abfolge aufgebaut, die manchmal einer Abhängigkeitskette und manchmal, wie in diesem Fall, einer zeitlichen Abfolge entspricht. Ist ein Unternehmen erst aufgebaut und am Laufen, so folgt darauf ein Optimierungsframework mit dem Kapitel 9. Dieses Framework kann als Teil des Geschäftsprozessframeworks gesehen werden, da es tatsächlich eine wichtige Komponente davon ist.
Damit hätte die neue Norm-Revision die von mir als sehr wichtig erachteten Frameworks abgedeckt: das Strategie-Framework und die Unternehmenskultur, das IT-Framework (Unterstützung), das Wissen des Unternehmens, das Geschäftsprozess-Framework und die Optimierung als Teil des Geschäftsprozess-Frameworks. Das ist ähnlich zu meiner Vorgehensweise „The ProQVis Way“ beim Unternehmensaufbau.
Sicherlich lässt sich vielleicht noch hier und da an den Kapitelreihenfolgen etwas ändern. Im Großen und Ganzen macht aber die Norm einen sehr konsistenten Eindruck, dessen Inhalte auch aktuelle Methoden des Risikomanagements, Projektmanagements, Changemanagements usw. in ihrer sehr generischen Art und Weise unterbringt. Vielleicht könnten tatsächlich einige Stellen granularer strukturiert werden (z.B. Beschaffung), aber die Inhalte sind in einer verständlichen Reihenfolge. Durch die neue ablauforientierte Strukturierung kann ich heute dieser Norm besser folgen als allen Revisionen die ich bis heute seit der 94-er Revision begleiten durfte. Die Norm ISO 9001:2015 trägt zum Verständnis eines Unternehmens bei, auch wenn sie sehr generisch verfasst wurde.
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